Zum Geleit (November 2024)

Liebe Freund*innen der Manufaktur,

2024, das Jahr des großen Missvergnügens, lässt nicht locker! It’s the same old song! Europawahl, Landtagswahlen, die Österreich-Wahl – stets wurden wochen-, ja, monatelang die schönsten Menetekel an die Wand gemalt. Oh, mein Gott, was wäre, wenn das, was wir alle befürchten und zwar aus durchaus guten Gründen (falls das Vertrauen auf menschliche Dummheit oder auch moralische Indifferenz als »gute Gründe« durchgehen?) tatsächlich »wahr« wird? Und wenn es dann genau so kam, wie vorhergesagt, dann war die Panik mit Händen zu greifen, dass es tatsächlich so gekommen war, wie befürchtet. Super! Man könnte ewig so weiter machen. Am 5. November wird nun in den USA gewählt werden. Da könnte sich dieses Spiel wiederholen. Aber es könnte durchaus auch noch schlimmer kommen, weil sich der orangene Ex-Präsident auf der Zielgeraden immer mehr auf einem Rachefeldzug gewähnt hat.

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Zum Geleit (Oktober 2024)

Liebe Freund*innen der Manufaktur,

unter Therapeuten gilt es als schöner Zug, den Patienten per Honorarabrechnung dazu zu beglückwünschen, wenn im geduldigen Gespräch etwas zu Tage tritt, was das Unterbewusste längst erfolgreich verdrängt wähnte, so dass das Wiederhochspülen schlicht als eine ungute Überraschung gewertet werden muss. Damit ist nicht gemeint, dass in jeder seriösen Tarantino-Doku unweigerlich der Moment kommt, an dem Harvey Weinstein durchs Bild rauscht. Und auch nicht rauscht, sondern in der Bildmitte, in Cannes, bestens gelaunt in der Bildmitte posiert. Ach ja, those were the days der (scheinbar) harmlosen Pop-Kultur. Alles ein großer Jungssport! Wofür es ja in „The Länd“ ein ganz besonders ausgeprägtes Sensorium gibt. Für Jungssport und für Pop. In diesem Sinne trifft man sich jetzt alle Nas‘ lang zu irgendwelchen Get-togethers an irgendwelchen mehr oder weniger abgelegenen Orten in The Länd, um die regionalen und lokalen Kreativen im Pop-Länd Baden-Württemberg mit all seinen Pop-Büros und Pop-Akademien im Zeichen einer nicht näher definierten „Transformation“ zu vernetzen, „damit Baden-Württemberg als POPLÄND hör- und sichtbar wird“. Gerade auch dort, wo The Länd noch ganz besonders nach „Länd“ riecht, wenn mann/frau/divers morgens das Fenster öffnet.

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Zum Geleit (September 2024)

Liebe Freund*innen der Manufaktur,

Sonntag, der 9. Juni 2024. Europawahltag. Huiii! Die Realität hält ihren Einzug auf eine Art und Weise, dass sich manche/r sich noch Tage später – je nach Temperament und Präferenz – etwas verstört, verdutzt, irritiert, ratlos die Augen reibt. Mit der rechten Präferenz gibt es sogar reichlich zu feiern. Aus anderer, demokratischerer Perspektive dagegen macht sich ein Unbehagen breit, während man noch staunt, dass sich die Wahlkreis-Karte der Republik schwarz-blau färbt – mit ein paar rot-grünen Pubertätspickeln. Die paar roten Pünktchen muss man wirklich suchen (Herne, Emden, Eckernfeld); die entsprechenden grünen Pünktchen finden sich vorzüglich in urbanen Räumen mit angegliederter Universität (u.a. Freiburg, Karlsruhe, Köln, Münster, Oldenburg, Kiel, Flensburg). Das Saarland, Rheinland-Pfalz, Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern können mit ihrer Unbeflecktheit hausieren gehen. Wenn man genau hinschaut, meint man die Mauer zu sehen. Irre, after all these years. Noch unbehaglicher wird es, wenn man beginnt, an der schwarzen Oberfläche zu kratzen und es dahinter zumeist auch blau wird. Die Parteien der Ampel-Koalition haben zusammen einen sehr, sehr knappen Vorsprung vor der CDU/CSU. Die Grünen und die SPD verlieren deutlich; die FDP bleibt auf niedrigem Niveau fast stabil. Die AfD liegt bei 15,9%. Dem BSW gelingen aus dem Stand 6,2%; die Linke wird halbiert. So sieht’s also aus! Da atmet man ja schon fast auf, wenn es heißt, Schorndorf habe gegen den Trend gewählt, der AfD nur einen kleinen Erfolg, aber keinen Erdrutsch erlaubt und könne so weiterhin als Bollwerk gegen den Rechtsextremismus fungieren. Ja, Herrschaftszeiten, als kleines gallisches Dorf, oder was?

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Zum Geleit (Juli und August 2024)

Liebe Freund*innen der Manufaktur,

Sonntag, der 9. Juni 2024. Europawahltag. Huiii! Die Realität hält ihren Einzug auf eine Art und Weise, dass sich manche/r sich noch Tage später – je nach Temperament und Präferenz – etwas verstört, verdutzt, irritiert, ratlos die Augen reibt. Mit der rechten Präferenz gibt es sogar reichlich zu feiern. Aus anderer, demokratischerer Perspektive dagegen macht sich ein Unbehagen breit, während man noch staunt, dass sich die Wahlkreis-Karte der Republik schwarz-blau färbt – mit ein paar rot-grünen Pubertätspickeln. Die paar roten Pünktchen muss man wirklich suchen (Herne, Emden, Eckernfeld); die entsprechenden grünen Pünktchen finden sich vorzüglich in urbanen Räumen mit angegliederter Universität (u.a. Freiburg, Karlsruhe, Köln, Münster, Oldenburg, Kiel, Flensburg). Das Saarland, Rheinland-Pfalz, Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern können mit ihrer Unbeflecktheit hausieren gehen. Wenn man genau hinschaut, meint man die Mauer zu sehen. Irre, after all these years. Noch unbehaglicher wird es, wenn man beginnt, an der schwarzen Oberfläche zu kratzen und es dahinter zumeist auch blau wird. Die Parteien der Ampel-Koalition haben zusammen einen sehr, sehr knappen Vorsprung vor der CDU/CSU. Die Grünen und die SPD verlieren deutlich; die FDP bleibt auf niedrigem Niveau fast stabil. Die AfD liegt bei 15,9%. Dem BSW gelingen aus dem Stand 6,2%; die Linke wird halbiert. So sieht’s also aus! Da atmet man ja schon fast auf, wenn es heißt, Schorndorf habe gegen den Trend gewählt, der AfD nur einen kleinen Erfolg, aber keinen Erdrutsch erlaubt und könne so weiterhin als Bollwerk gegen den Rechtsextremismus fungieren. Ja, Herrschaftszeiten, als kleines gallisches Dorf, oder was?

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Zum Geleit (Juni 2024)

Liebe Freund*innen der Manufaktur,

Ob der Mai der zwölfte Temperatur-Rekordmonat in Folge gewesen sein wird? Ihr habt’s vielleicht gelesen – jeder der letzten elf Monate war der wärmste seiner Art. Seit Beginn der Aufzeichnungen.

Aber klar, das wahre Problem unserer heutigen Welt sind diese nervigen Grünen, die sich erdreisten, so zu tun, als ob sie gegen den Klimawandel vorgehen würden! Und die woken Gendersternchen und diese ganze Bevormundung! Kritische Denker wissen: Unser Abstieg in die Hölle des grün-woken Sozialismus hat beim Zwang begonnen, beim Autofahren einen Gurt anzulegen, ihr Schlafschafe (aus uns spricht gerade, falls ihr‘s nicht gemerkt habt, eine seltsame, aber auch irgendwie handelsüblich-altbekannte Mischung aus BILD, AfD, Schwurbler, FDP und Freie-Wähler-CSU-Koalition). Gurte sind unbequem und UNERTRÄGLICH VERNÜNFTIG! Das muss aufhören! Jetzt müssen wir Widerstand leisten, den Klimawandel beschleunigen, die Gurte durchschneiden und mit erhobenem Kopf voraus so richtig männlich durch die Windschutzscheibe fliegen!! Und wenn wir schon dabei sind: Bringt endlich das FCKW zurück in meinen Kühlschrank (Boomer erinnern sich)!!! FRRREEEEIIIIIIIHHHHEEEEEIIIIIITTTTTTT!!!

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Zum Geleit (Mai 2024)

Liebe Freund*innen der Manufaktur,

The Future’s so bright I gotta wear shades! Und damit ist jetzt, Anfang April, kurz vor Redaktionsschluss nicht etwa der erstaunlich früh gelegte Sommeranfang des Jahres 2024 gemeint. Sondern vielmehr das zunehmend unbehagliche Gefühl, morgens aufzustehen und beklommen zu gucken, wer sich in der Nacht zu was wie und mit welchen Konsequenzen positioniert hat und inwieweit dieser Entschluss nun wiederum geradezu zwanghaft dazu führen wird, dass man damit rechnen muss, dies binnen kurzer Zeit selbst in dieser Positionierung zu spiegeln und seinerseits zu positionieren – mit manchmal nicht absehbaren und kaum zu kontrollierenden Konsequenzen. „Sind Sie noch … oder waren Sie jemals?“ – das waren die Fragen des Komitees für unamerikanische Umtriebe zu Zeiten des McCarthyismus der späten 1940er und frühen 1950er Jahre.

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Zum Geleit (April 2024)

Liebe Freund*innen der Manufaktur,

holy shit! Es ist ja nun schon wieder ein paar Tage her, aber sehr, sehr selten haben wir einen solch unberechenbaren Abriss erlebt wie beim Konzert (Konzert?), wie bei der Performance (Performance?), wie beim Statement von Ballister. Irgendwie auch erwartet – und dann doch überrascht von der puren Power. Und der Attitude. Eine sehr zutreffende Konzertkritik spricht vom „Jazztrio als Fusionsreaktor“. Wie schön, frei und bewegend diese Energie doch macht! Die müssten viel mehr Menschen hören, dann … Tja, was dann? Wir jedenfalls sind sprachlos begeistert. Andernorts, gen Westen, ein paar Kilometer entfernt von der noch immer dank Ballister-Energie leicht zitternden Manufaktur ist man aus weit geringerem Anlass ungleich eloquenter. Dort, in der Landeshauptstadt, werden Pfähle eingerammt: „Jazz ist die musikalische Ausdrucksform für Freiheit, Mut und Toleranz.“ Launig mal so dahin formuliert! So färbt vom Glamour dieser Kunst auch etwas auf die Fans ab. Wenn man die Fans fragt. Denn sie treffen sich ja üblicherweise …

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Zum Geleit (März 2024)

Liebe Freund*innen der Manufaktur,

war es der Bohemien und Provo Werner Enke („Zur Sache, Schätzchen!“), der stets müde und missmutig abwinkte, wenn sich die Dinge seiner tiefenentspannten Meinung nach etwas »zu dynamisch« entwickelten? Waren es die Düsseldorfer Fehlfarben, die schon früh, 1980, ahnten: „Wenn die Wirklichkeit dich überholt, hast du keine Freunde, nicht mal Alkohol“? Im Februar-Geleitwort hatten wir etwas erhitzt und vielleicht auch eine Terz zu defätistisch um das Motiv des „Hoppla-Moments“ herum extemporiert, weil sich die Dinge etwas »zu dynamisch« (Enke) zu entwickeln schienen. Hatten folglich mit einem Peter Sloterdijk-Zitat in coolem Thomas Bernhard-Sound geunkt, dass eventuell die Demokratie, so wie sie hierzulande routiniert, aber kaum ernsthaft krisenerprobt, vielleicht etwas hilflos gegenüber aktuellen Herausforderungen agiert. Oder auch nicht agiert. Sondern? Beobachtet? Sinniert? Improvisiert?

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Zum Geleit (Februar 2024)

Liebe Freund*innen der Manufaktur,

Stichwort: Das böse Erwachen. Ältere werden sich vielleicht noch erinnern, Jüngere können‘s ja vielleicht mal googlen. 1972 war`s, als Bob Fosse mit Liza Minelli, Michael York, Helmut Griem, Fritz Wepper und Joel Grey in den Hauptrollen das Musical „Cabaret“ nach einer Vorlage von Christopher Isherwood („Goodbye to Berlin“) verfilmte. Thema: Tanz auf dem Vulkan um 1930. Damals ein Kassenschlager. Unvergesslich die Szene, als die Freunde von Berlin aus eine Landpartie unternehmen, in einem Landgasthof landen, wo ein blonder Jüngling am Nebentisch ein Lied anstimmt: „Tomorrow belongs to me!“. Und die ganze „Erregungsmeute“ (Sloterdijk) drum herum stimmt freudig-entschlossen ein. Ein Gänsehautmoment, ein Hoppla-Moment!

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Zum Geleit (Januar 2024)

Liebe Freund*innen der Manufaktur,

immer diese Vorurteile! Wenn in Büchern, Fernsehen und Kino in laufenden Ermittlungen sich jemand vom Verfassungsschutz mit an den Tisch setzt, um die Ermittelnden bei der Arbeit zu unterstützen, dann weiß unser popkulturell geschultes Ich, dass es an der Zeit ist, die Zahl der Verdächtigen um mindestens +1 zu erhöhen, jetzt ganz genau aufzupassen und jederzeit damit zu rechnen, eine verschwörungstheoretische Meta-Ebene einzuziehen. Getriggert werden wir seit Jahrzehnten durch einschlägige Begriffe wie „Verfassungsschutz“, „Verfassungsfeind“, „V-Mann“, „Gesinnung“, „Berufsverbot“ oder auch – früher mal – „FDGO“. Dumm nur, insbesondere für den Verfassungsschutz, wenn die Trigger aus der Fiktion in die Wirklichkeit wandern und anschließend wiederum die Fiktion befeuern. Wenn beispielsweise mit etwas Verspätung herauskommt, dass der Thüringer Verfassungsschutz indirekt über einen V-Mann die abgetauchten Mitglieder des NSU finanzierte.