BRD/F/Israel 2008, 90 Min., von Ari Folman
Ein Rudel mit 26 Hunden jagt laut durch die Stadt. Zu einer aufreibend pumpenden Musik rennen sie durch die Straßen, bellen aggressiv, sind ausgemergelt und furcheinflößend und stoppen plötzlich vor einem Fenster. Mit diesem Alptraum beginnt Ari Folmans «Waltz with Bashir». Ein Freund berichtet ihm von diesem Traum, der immer wiederkehrt und von dem sie vermuten, dass er zu ihrer Zeit als israelische Soldaten im ersten Libanonkrieg in den frühen 80er Jahren zurückführt. Ihre Erinnerung an die Kriegserlebnisse und die brutalen, von israelischer Seite gebilligten Massaker der christlichen Phalangisten in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Schatila sind allerdings stark verblasst. Deshalb will der ehemalige israelische Soldat und Filmregisseur Folman seine Lücke im Gedächtnis und die Auswirkungen der Massaker wieder zu füllen.
Diese Suche nach der verschütteten Erinnerung ist die Ausgangssituation für den ungewöhnlichen Animationsfilm «Waltz with Bashir». Die Form, die der Regisseur dafür gewählt, ist ungewöhnlich: Folman selbst bezeichnet sein in Cannes gefeiertes Werk als einen animierten Dokumentarfilm. «Erinnerung ist dynamisch», heißt es im Film. «Man füllt die Löcher einfach mit Dingen, die nicht passiert sind.» Deshalb und weil es so gut wie kein Archivmaterial zu den Ereignissen gibt, hat er die Erinnerungen visualisiert und verschmilzt sie mit Gesprächen mit einstigen Weggefährten und Freunden – ohne dabei allerdings den historischen Kontext näher zu erläutern.
Die hat Folman aufgenommen und ließ sie nachträglich nachzeichnen. Wie Marjane Satrapi, die mit «Persepolis» ihre eigene Geschichte und damit verknüpft die des Irans zeigte, wählt Folman die gezeichneten Bilder. Allerdings begegnet sein Film dem Thema nicht wie Satrapi mit viel schwarzem und aufmüpfigem Humor, sondern entwirft dunkle, surrealistische Visionen einer Hölle auf Erden. Es sind kraftvoll beunruhigende Bilder, die sich nur schwer abschütteln lassen und lange nachwirken.