F 2008, 129 Min., von Cédric Klapisch mit Juliette Binoche,
Romain Duris, Fabrice Luchini, Albert Dupontel, François Cluzet, Karin Viard, Mélanie Laurent
Paris, so sagt Regisseur Cédric Klapisch selbst, ist die Stadt der kultivierten Schwermut. Europäische Metropole im ständigen Wandel, die schon Baudelaire einst darüber grübeln ließ, dass die Gestalt sich so schnell ändern würde, wie das Herz eines Sterblichen. Das kranke Herz von Pierre ist ebenfalls die Ausgangslage in Cédric Klapischs neuem Film. Pierre ist Tänzer im Moulin Rouge und muss sich in den nächsten Monaten einer Transplantation unterziehen, wohl wissend, dass es sich dabei um alles andere als um einen Routineeingriff handelt. Die Möglichkeit des Sterbens vor Augen, beginnt er das Leben mit neuen Augen zu sehen, während er fürsorglich von seiner Schwester Elise und ihren drei Kindern umsorgt wird.
Doch so komplex die französische Hauptstadt ist, so hat auch Klapisch seine multiplen Handlungsstränge in schöner Unordnung angelegt. Er zeigt nicht nur das Schicksal eines herzkranken Tänzers, sondern reichert dieses um vier bis fünf weitere tragikomische Erzählungen an, die er «petites histoires» nennt. In diesen «kleinen Geschichten» geht es um Gemüsehändler auf sentimentalen Abwegen, einen Uni-Professor, der sich in eine seiner Studentinnen verliebt, eine Bäckerin, einen illegalen Einwanderer aus Kamerun und eine Sozialarbeiterin. Allesamt tragische Helden des Alltags.
Das Paris von Klapisch ist ein Ort, an dem Gegensätze und Segregation herrschen und, wie die meisten Metropolen, von permanenter Komplexität gezeichnet sind. Neben Einsamkeit existiert hier auch Solidarität und Sich-über-den-Weg-laufen. Gerade das Chaos ist bei Klapisch gleichbedeutend mit Vitalität und Kreativität.
Für den 47-jährigen Filmemacher ist «So ist Paris» auch eine Rückkehr nachdem er zuletzt in London, St. Petersburg und Barcelona gedreht hat. Gerade die katalonische Metropole und die darin angesiedelte Studenten-Komödie «L’auberge espagnole» dürfte vielen noch in Erinnerung geblieben sein, wenn sie an Cédric Klapisch denken. Damals erzählte er von der Unbeschwertheit der 20-25-Jährigen, die mittlerweile erwachsen geworden sind und, wenn man so will, in «So ist Paris» zum ersten Mal den wirklichen Ernst des Lebens kennen lernen, der sich um familiäre Verantwortung, Enttäuschung und Tod dreht. Paris, die Stadt der ständigen Grübler, ist in seiner Gegensätzlichkeit vielleicht noch nie so authentisch gezeigt worden wie hier.
Ein tatsächlich hinreißender Film … erstaunlich leichtfüßige Patchwork-Story über das Leben, Lieben und Sterben in der großen Metropole. Der wahre Hauptdarsteller ist natürlich Paris selbst. Dem gelingt es ohne große Mühe, im Kino noch ein bißchen besser alszusehen als in der Realität.
Der Spiegel