Angesichts der schockierenden Neonazi-Mordserie, ihrer skandalösen Nichtaufklärung und der zwielichtigen Rolle des Inlandsgeheimdienstes "Verfassungsschutz" stellt sich die brisante Frage, wie das geheimdienstliche V-Leute-System arbeitet und was es bewirkt. Der Geheimdienstexperte Rolf Gössner wird einen Blick hinter die Kulissen bieten: Anhand seiner eigenen Recherchen wird er über die skandalöse Verstrickung des Verfassungsschutzes in Neonazi-Szenen, rechtsextreme Organisationen und Parteien berichten; und er wird der Frage nachgehen, ob Geheimdienste zum Schutz von Verfassung und Demokratie taugen oder ob sie Fremdkörper darstellen in einer freiheitlichen Demokratie.
Brandstiftung, Totschlag, Mordaufrufe, Waffenhandel, Gründung einer terroristischen Vereinigung – das sind nur einige der Straftaten, die „Vertrauensmänner“ des Verfassungsschutzes im Schutz ihrer Tarnung begingen. Gut getarnt waren geheime Informanten des Staates auch in der NPD: Etwa 30 der 200 NPD-Vorstandsmitglieder standen seit Jahren als V-Leute im Sold des Geheimdienstes. Erst im Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme Partei flog ihre Deckung auf – und der Parteiverbotsprozess vor dem Bundesverfassungsgericht platzte 2003 wegen dieser bislang größten V-Mann-Affäre in der Bundesrepublik. Doch aus diesem Verbotsdesaster sind bis heute keine nachhaltigen Konsequenzen gezogen worden; noch immer arbeiten zahlreiche V-Leute in NPD und Neonazi-Szenen.
Diese Affäre hob ins öffentliche Bewusstsein, dass die massenhafte Rekrutierung von bezahlten V-Leuten durch den Verfassungsschutz nicht nur ein rechtspolitisches Desaster, sondern auch schwerwiegende verfassungsrechtliche Probleme verursacht. So erweisen sich V-Leute durch die Bank nicht etwa als "Ehrenmänner", die die Demokratie verteidigen, sondern als hartgesottene Neonazis und Schläger, gnadenlose Rassisten und Verfassungsfeinde im Dienst des Staates – in ihrem kriminellen Tun allzu oft gedeckt von ihren Auftraggebern, abgeschirmt selbst gegen Ermittlungen und Fahndungsmaßnahmen der Polizei. Die brisante Frage lautet: Schützt der Verfassungsschutz damit wirklich Verfassung und Demokratie oder schützt, finanziert und stärkt er nicht vielmehr die Neonazi-Szenen und –Parteien, die er lediglich beobachten soll? Ist der Verfassungsschutz mit seinen bezahlten, rassistischen und gewaltbereiten V-Leuten nicht selbst Teil des Neonazi-Problems geworden?
Rolf Gössner wird die brisanten Erkenntnisse seiner Ermittlungen in Sachen Verfassungsschutz vorstellen und politische Konsequenzen aus der skandalösen Verstrickung von V-Männern in kriminelle und verfassungswidrige Organisationen anmahnen. Dabei geht es im Kern um die Fragen, welche Funktion dem Inlandsgeheimdienst Verfassungsschutz in dieser Gesellschaft zukommt, welche Rolle er in Zusammenhang mit dem Neonazismus spielt und ob Geheimdienste mit demokratischen Prinzipien überhaupt vereinbar sind. Diese Klärung ist angesichts der aktuellen Erkenntnisse, Unsicherheiten und Debatten dringender denn je.
Dr. Rolf Gössner arbeitet als Rechtsanwalt und Publizist in Bremen. Er ist Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschenrechte (Berlin), stellv. Richter am Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen sowie Mitglied der Deputation für Inneres der Bremischen Bürgerschaft. Mitherausgeber des jährlich erscheinenden "Grundrechte-Reports" und als solcher ausgezeichnet mit der Theodor-Heuss-Medaille 2008, außerdem mit dem Kölner Karlspreis für engagierte Literatur und Publizistik (2012). Sachverständiger in Gesetzgebungsverfahren des Bundestags und von Landtagen. Autor zahlreicher Bücher zum Themenbereich Demokratie, Innere Sicherheit und Bürgerrechte, zuletzt
Geheime Informanten. V-Leute des Verfassungsschutzes: Kriminelle im Dienst des Staates, München 2003; akt.
Neuauflage als e-book 2012 bei Knaur-Verlag, München
Menschenrechte in Zeiten des Terrors. Kollateralschäden an der „Heimatfront“, Hamburg 2007
Eintritt:
2.- Euro ermäßigt
5.- Euro Abenkasse