Liebe Freundinnen und Freunde der Manufaktur,
ok, es ist nicht unbedingt üblich, dass ein*e Künstler*in an drei Abenden nacheinander in der Manufaktur auftritt – aber für den Schorndorfer Rap-Lokalmatador Majan machen wir da nur zu gerne eine Ausnahme. Was für ein Vorverkaufsansturm (vor und «nach» Corona!), das gab’s hier in der Form noch nie!
Überhaupt bietet der Manufaktur-Juni mal wieder ein ziemlich jugendliches Programm: Majan! Los Bitchos! Pablo Brooks! Wobei: Wir haben es hier ja allgemein nicht so mit dem ageism, bieten immer wieder und gerne auch, äh, reiferen Musiker*innen eine Bühne (und nehmen zur Kenntnis, dass sich die wissenschaftliche Kulturforschung seit einigen Jahren vermehrt mit dem Thema «Altern in Pop- und Subkulturen» auseinandersetzt). Aber letztlich geht’s bei der Popmusik auf die eine oder andere Weise ja immer auch ums Jugendlich-Sein, so dass dieses Anfangszwanziger-und-drunter-Programm nur zu gut ins Konzept passt – eine Verjüngungstendenz, die die Aufführung des Unterstufentheaters des Burggymnasiums sozusagen in aller Konsequenz fortführt.
Ausserdem wollen wir an dieser Stelle noch auf die Georg-Elser-Ausstellung hinweisen, die im Juni in der Manufaktur zu sehen sein wird. Eine wichtige Erinnerung an einen von vielen vergessenen Helden (deutlich sympathischer als die Generäle, die kurz vor Kriegsende merkten, dass das vielleicht doch keine so gute Idee war) – und an das Prinzip des Tyrannenmord(versuch)s. Eröffnung ist am 23. Juni. Über die Aktualität jenes Prinzips schreiben wir jetzt lieber nichts, verweisen aber auf einen schönen Text von Mike Davis, einem US-amerikanischen linken Autor, aus der Zeitschrift New Left Review vom März dieses Jahres. In diesem Beitrag klagt Davis angesichts des russischen Kriegs gegen die Ukraine darüber, dass die politische Linke seit langer Zeit wenig Kluges zu globalen politischen Zusammenhängen zu sagen hat, jenseits eines aus der Zeit gefallenen „Antiimperialismus“, der die NATO für alles verantwortlich machen zu müssen meint (oder auch eines naiven Glaubens an die generelle Güte „des Westens“ – den zu kritisieren in dieser Situation den Überfallenen in der Ukraine aber auch nichts bringt). In der aktuellen Lage wird diese intellektuelle Orientierungslosigkeit leider nur zu deutlich. Ohnehin durchlebten wir gerade eine Alptraumversion des Mottos „große Männer machen Geschichte“. Davis schreibt: „Never has so much fused economic, mediatic and military power been put into so few hands. It should make us pay homage at the hero graves of Aleksandr Ilyich Ulyanov, Alexander Berkman and the incomparable Sholem Schwarzbard.» Das waren keine Elsers, sie hier zu nennen ist nicht als Gleichsetzung gedacht – aber es sind doch auch interessante Namen und Geschichten!
Eure
Manufaktur