Zum Geleit

Februar 2021

Liebe Freund*innen der Manufaktur,

was gibt’s Neues? Nicht so viel, hier. Lockdingsbums halt. Passt auf euch auf, hope all is well, wir hoffen, es geht einigermaßen, den Umständen entsprechend gut, muss ja, blablabla. Schon die Formeln nerven ja gewaltig. Wir spielen hier Souveränität vor, aber ansonsten geht uns natürlich auch längst der Arsch auf Grundeis.

Unsere Umbauten und technischen Updates (Lüftung!) fürs Hygienekonzept konnten wir ja nicht allzu lange nutzen. Wir hoffen natürlich sehr sehr sehr, dass sich das in absehbarer Zeit ändert (auch wenn wir politisch eher zum Zero-Covid-Lager gehören, aber das lässt sich ja kombinieren, wenn alles gut läuft) – jedenfalls ist uns eine Übergangsphase mit Abstand und Lüftung und so weiter für Konzerte deutlich lieber als irgendwelche Impfpasschecks an der Manufaktur-Tür. Seltsame Idee – und kein Zufall, dass sie jetzt wieder von den windigen Typen von Eventim ins Spiel gebracht wurden, denen die Kulturkonsument*innen ansonsten gezwungenermaßen das Geld in den Rachen werfen müssen.

Ansonsten ist halt erstmal alles weiterhin gecancelt. Schon lustig, dass die Kulturszene sich in den letzten Jahren immer wieder in diese blöden Diskussionen um eine angebliche „Cancel Culture“ geschmissen hat. In diesen Debatten hat man sich von irgendwelchen rechtsliberalen Würstchen und ihren kulturkämpferischen Rückzugsgefechten die Stichwörter vorgeben lassen. Oder gleich von Alt- und Neufaschos, die unter dem Deckmantel der Moralismuskritik ihre „realistische“ Herrenmenschenpolitik normalisieren wollen. Dieter Nuhr ist nicht in der Manufaktur aufgetreten – DAS IST DOCH CANCEL CULTURE! Eine syrische Geflüchtete wurde mal nicht als potenzielle Terroristin dargestellt – DAS IST EIN VIEL ZU ENGER MEINUNGSKORRIDOR! Heinzi Schuhbichler, Alleinunterhalter aus Bad Tölz, wurde wieder nicht zum Eurovision Song Contest eingeladen – IMMER DIESE KOSMOPOLITISCHEN ELITEN! Meine Metalband darf nicht aufs Freejazzfestival – SO GEMEIN! Kleinere zivilisatorische Fortschritte, wenn es um die nichtrassistische Benennung von Schnitzelvarianten und Industrie-Süßwaren oder auch das Ansprechen von Leuten im Sinne des Geschlechts, dem sie sich zuordnen, geht, sorgen für Heulen und Zähneklappern. Und am Ende meinen Kulturinstitutionen, Fernsehsender und Presseunternehmen, eine mittelmäßige steirische Kabarettistin hofieren zu müssen, die gern antisemitische Witze erzählt (um der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten etc. etc.), um nicht als intolerant dazustehen. Wir vom Manufaktur-Team bekennen uns dazu, nur solche Veranstaltungen zu machen, die wir potenziell gut finden. Ja, das ist eine Auswahl und da spielen politische und ästhetische Kriterien eine Rolle (die hier immer wieder verhandelt werden). Und auch öffentliche Fördergelder verpflichten einen nicht dazu, auf solche Kriterien zu verzichten. Was für ein Quatsch, das alles.

Aber – auch völlig egal, denn es ist ja seit Monaten eh alles gecancelt!

In unbändigem Optimismus

Eure

Manufaktur

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