Liebe Freundinnen und Freunde der Manufaktur,
wir sind im Herbst des seltsamen Jahres 2020 angekommen. Mittlerweile sind wir derart gut eingespielt in Sachen Abstandhalten, Vorsichtwaltenlassen und Luftaustauschen und -filtrieren, dass wir euch hier wieder bzw. weiterhin ein umfangreiches Programm präsentieren können. Die Veranstaltungsvorhaben sind sogar so umfangreich, dass wir an dieser Stelle eine Woche aus dem kommenden Monat besonders hervorheben wollen, weil sie einiges von dem auf den Punkt bringt, was das Manufakturprogramm ausmacht, und das in besonders schneller Abfolge:
Fangen wir an mit dem zweiten Freitag im Oktober und mit Wahnsinnsjazz. Da kommen nämlich endlich mal wieder der große Mats Gustafsson und sein Saxophon in die Manufaktur. SWR2 schneidet mit; die senden das dann auch, aber viel schöner ist natürlich das Konzert selbst bei uns im Haus!
Dann der Tag darauf. Samstag. Leif Randt liest aus seinem Roman „Allegro Pastell“. Germany’s Next Lovestory – in der popkulturaffinen deutschsprachigen Literaturwelt sind das der Autor und das Buch der Saison; die Feuilletons flippen aus; Leute um die dreißig wundern sich zehntausendfach, dass der Typ sie so gut kennt und den Ton und die Details so präzise hinbekommt. Andere debattieren: Ist das ein Vorführen von hedonistischen und in großen Fragen extrem un- oder sogar antipolitischen Leuten? Oder pure Affirmation? Alles Fragen über Allegro Pastell, die eh schon tout Schorndorf und tout Stuttgart in ihren Salons erörtern, von tout Berlin ganz abgesehen.
Aber: Was wäre die Manufaktur, wenn wir uns nicht gleichzeitig um die ideologische Grundstabilität bemühen würden? Da passt es nur zu gut, dass am Donnerstag darauf Sabine Nuss ihr Buch „Keine Enteignung ist auch keine Lösung. Die große Wiederaneignung und das vergiftete Versprechen des Privateigentums“ vorstellt. Die Autorin und Ökonomin nimmt sich einen Grundgedanken der Linken vor, den des kollektiven Eigentums, buchstabiert ihn für gegenwärtige politische und technologische Verhältnisse aus und geht damit argumentativ in die Offensive: Reden wir mehr darüber, wie wir uns die Welt vorstellen und machen wir nicht bei der Kritik der schlechten Verhältnisse halt! Und zu einer besseren Welt gehört die große Wiederaneignung, die Selbstorganisation als Gesellschaft, die sich Ziele setzt, und das eben nicht nur im Sinne staatlicher Bürokratie. Wir freuen uns nicht zuletzt deshalb auf dieses Thema, weil das Thema Enteignung und Vergesellschaftung die Konservativen auf die Palme treibt, aber auch, weil sich hier in aller Klarheit zeigt, was substanziell linke, emanzipatorische politische Programmatik ist – im Unterschied zur Pseudo-Oppositionalität der Esoteriker-, Wannabe-Elitenkritiker- und Weltverschwurbler*innen, die in den letzten Wochen die Nachrichten dominiert haben.
Dann ist schon wieder Freitag, und da spielen Human Abfall! Punk!
Dann wird also eine Woche vorüber sein, die vielleicht ein bisschen Erholung verlangt, die aber auf jeden Fall auch Wesentliches an unserem Programm auf den Punkt bringt –Wahnsinnsjazz, Popliteratur, Maßnahmen zur Erweiterung der politischen Grundstabilität, die von der Defensive in die Offensive geht, und obendrein Punkrock von heute – und so und so ähnlich geht das dann weiter.
Einen schönen Oktober wünscht
Eure
Manufaktur